Eingeborene vom Bodensee
In Freiburg: Norbert Heizmann und Notty’s Jug Serenaders.
Es war einmal vor zehn Jahren, da trafen sich zwei in einer Kneipe. Der eine hatte eine Band, Notty’s Jug Serenaders, und eine Idee, der andere Lieder und Texte, beide ein paar Bier intus und so kam es wie es kommen musste: Eine Zusammenarbeit wurde beschlossen. "Eingeborenenmusik vom Bodensee" lautete das Schlagwort, das Notker Homburger in den bierseligen Raum warf, den Ball nahm der andere, eine stadtbekannte Konstanzer "Pappnase" (so steht es geschrieben) freudig auf. Und so können die beiden, Norbert Heizmann und Notker Homburger, heuer ihr zehnjähriges Jubiläum der Zusammenkunft feiern. Und eine neue CD. Auf der sind alle quasi ganz offiziell vereint: Norbert Heizmann und Notty’s Jug Serenaders: Das Album heißt "Zwischen Philosophie und Phydläsophie" - im Untertitel natürlich: "Eingeborenenmusik vom Bodensee".
"Eingeborene" bedeutet "Angehörige eines Naturvolkes", so steht es im Duden. Und klar sind hier die Einheimischen vom Bodensee gemeint, doch bei diesem Wort schwingt immer auch etwas Exotisches mit. Und für dieses exotische Moment sorgt die Band. Seit über 25 Jahren spielen Notty’s Jug Serenaders zusammen. Notker Homburger, Thomas Banholzer und Andi Reinhard blasen Flaschen, Kazoos, Saxophone, Trompete, zupfen Gitarren und Mandoline, rühren und klöppeln auf Schüsseln und Trommeln – bei Jug-Bands werden die tiefen Töne mit einem Tonkrug oder einer Flasche gespielt. Swing, Blues, Calypso, Polka und Ländler geben sich die Hand, Notty’s Jug Serenaders gelten mittlerweile als eine der besten Formationen, wenn es um alte, ursprüngliche Populärmusik geht, die früher einmal Volksmusik war und deshalb auch so hieß. Die aber in unseren Breiten quasi ausgestorben ist. Kneipen-, Sauf-, Buhl- und Spottlieder : Wenn überhaupt, sind solche Formen noch an Fasnacht gebräuchlich.
Was also liegt näher als das eine mit dem anderen zu verbinden? Spöttische Verse in schöne Arrangements zu gießen, alte Weisen mit neuem
Leben zu füllen? Eine verschüttgegangene Tradition wieder zu beleben? Quasi Eingeborenenmusik zu machen. Und dass Eingeborene im Dialekt singen, versteht sich von selbst. Zumal das Alemannische
ziemlich geschmeidig sein kann .
"Asche zu Äsche" ist so ein Stück, in dem alles sehr gut zusammenpasst: Der sarkastische Text darüber, wie Sterben zu Geld gemacht wird, hüpft über einem lockeren Calypso. "Unne dunne danne dra"
könnte man sich sehr gut als alten Gassenhauer vorstellen. "Der isch it vu do" – "it" bedeutet nicht – beschreibt spöttisch Vorbehalte gegen Fremde – nicht nur ein Konstanzer Phänomen. Bleibt die
Frage, was "Phydläsophie" bedeutet. Schlicht "Eingeborenenphilosophie" steht im Booklet der CD, alle anderen Bedeutungen – ihr Alemannen – werden verneint.
CD: – Norbert Heizmann & Notty’s Jug Serenaders: Zwischen Philosophie und Phydläsophie (Ladwig Jazz Records).
Live: – Heute Abend, 20 Uhr, Alemannische Bühne, Freiburg.
(Joachim Schneider)